Kapitel 5: Der Morgen

Kapitel 5: Der Morgen

Wir streifen Arm in Arm, Händchenhaltend, einander schubsend und neckend, aber niemals länger als ein paar Sekunden ohne Körperkontakt durch die späte Nacht. Dabei reden wir ununterbrochen über uns, unsere Vergangenheit, wer wir sind und wer wir waren, wie und wo wir aufgewachsen sind, über unsere Familie und unsere Freunde. Als ich dir gerade eine Geschichte aus meinen rebellischen Jahren in der Grundschule erzähle, knurrt dich wieder mal mein Magen an.

"Untermalst du die Geschichte jetzt schon mit Geräuschen oder hast du schon wieder Hunger?" fragst du mich lachend.

Mit einem Ruck ziehe ich dich ganz nah zu mir, unsere Gesichter trennen nur einige Zentimeter und wir spüren den Atem voneinander. Meine Hände an deinen Hüften drücken deinen Körper an meinen. Ich schau dir tief in die Augen. Deine Blicke springen zwischen meinen Augen und meinen Lippen hin und her. Ich sehe, dass du dir leicht auf die Lippe beißt und dich wohl vor irgendetwas zurückhalten musst.

"Ich bin schon den ganzen Abend hungrig", flüstere ich dir zu.

"Achja?" hauchst du mir entgegen und bewegst deinen Kopf wie in Zeitlupe millimeterweise auf mich zu.

Wieder knurrt mein Magen, was du dieses Mal direkt an meinem Bauch spürst.

"Rawr" knurr ich mit. Da platzt es aus mir raus und ich drehe mich lauthals lachend von dir weg und muss mich an einer Straßenlaterne halten, um nicht vor Lachen auf den Boden zu fallen.

"Du Arsch!" schimpfst du mich und lachst mit. "Das war jetzt gerade echt … fies!" suchst du nach einem Wort, welches diese Situation gerade annähernd beschreiben könnte.

"Ich weiß … aber … vernaschen … also … Hunger" kicher ich.

Ich versuch mich zu beruhigen. "Ich weiß, aber mein blöder Humor, falls man das überhaupt so nennen kann, naja also, wenn ich eben unsicher bin und, also du bist so unglaublich hübsch und naja, ich hab Hunger", stammel ich verlegen vor mich hin. "Also nicht auf dich, mein ich, aber… also nicht nur nicht, also schon, aber … puh, schon schönes Wetter heute." Ich atme durch, beruhig dich, sag ich zu mir. Du schaust mich ganz verwirrt an und genießt kichernd mein Versuch irgendwie die Kurve zu kriegen.

"Komm mit, ich weiß ganz genau, was du jetzt brauchst" - du ziehst mich an der Hand mit, aber in eine andere Richtung als wir gerade noch unterwegs waren. Was hast du mit mir vor?

Wir biegen in eine enge kleine Gasse ein, die sich zwischen Häuserwänden abfällig schlängelt.

Du bleibst vor einem kleinen Fenster stehen, davor steht ein kleines Tischchen mit Holzstuhl, drinnen brennt Licht. Verwundert schaue ich auf die Uhr. Es ist 4 Uhr und … Ich schau nochmal auf die Uhr: 4:53 Uhr

"Wo sind wir hier?" frag ich mich verwundert.

"Hier gibt's das allerbeste Falafel-Dürüm", flüsterst du mir zu, als wäre es ein äußerst gut behütetes Geheimnis und verschwindest durch die Tür in den Laden. Mir kommt es ein wenig so vor, als wären wir mitten in London in einer verwinkelten Gasse. Ich folge dir begeistert in den Laden.

"Einen wundervollen guten Morgen meine lieben Nachtschwärmer*innen, wie es aussieht, hat meine Lieblingskundin heute einen ganz besonderen Menschen mitgebracht", höre ich es vom Ende des kleinen Raumes hinter einer Theke hervor.

Es passen hier höchstens fünf Leute rein, aber ein sehr schön und gemütlich eingerichteter kleiner orientalischer Laden. Eben genau so, wie ein absoluter Geheimtipp aussieht.

Ich seh mich ein wenig um, kann aber weder eine Speisekarte, noch eine Tafel mit Gerichten entdecken. Ich hör, dass du etwas bestellst.

"Äh ja, für mich das Gleiche", sage ich, ohne wirklich gehört zu haben, was du gewählt hast und schaue mich dabei weiter um.

"NIE HÖRST DU MIR ZU" reißt du mich aus meinen Gedanken.

Du und die Person hinter der Theke fangen fast gleichzeitig an zu lachen. "Ich hab dir schon etwas mitbestellt", zwinkerst du mir zu. Du kommst hüpfend zu mir und schmiegst dich an mich. "Kann ich dich nicht einfach mit in mein Bett nehmen?" murmelst du, mit deinem Gesicht in mein T-Shirt gedrückt. Du schaust mich an und sagst lachend "Ach, als ob ich dir eine Wahl lassen würde."

Verwirrt erwidere ich deinen Blick tief in die Augen und entfliehe schnell deiner immer intensiver gewordenen Umarmung.

Das erste Dürüm ist nämlich gerade fertig und auf den Tresen gelegt worden.

"Einmal wie immer" kommt es hinter dem Tresen hervor.

Ich schnapp ihn mir schnell und strecke ihn dir entgegen "Und wie oft holst du dir hier so einen späten Mitternachtssnack?" versuch ich, dieser für mich irgendwie doch unangenehmen Situation auszuweichen. Eigentlich fällt es mir sonst deutlich schwerer, Augenkontakt herzustellen, aber bei dir… Es fühlte sich nicht so seltsam wie sonst an, sondern… Irgendwie gut.

Da ist auch schon der Zweite fertig, welcher mir mit den etwas eher ungewöhnlich betonten Worten "viel Spaß!" ausgehändigt wird und auch direkt mit den Worten "Wir sehen uns" lächelnd verabschiedet. Ich weiß nicht, wie hier bezahlt wird oder wie man an geheimen Orten wie diesem hier Waren handelt, jedoch habe ich nicht mitbekommen, ob und wie du diese Transaktion abgeschlossen hast.Sogleich schiebst du mich direkt vor die Tür und starrst mich dann erwartungsvoll an. "Na los, jetzt probier endlich!"

"Ooww main Goff, der if fantaftiff… Der if einfaff perfekt" schon der erste Biss reicht, um mir ein derart explosives Geschmackserlebnis in den Mund zu zaubern. Während ich mit geschlossenen Augen diesen Traum genieße, überlege ich zeitgleich, ob es vielleicht nur am Alkohol liegt oder, was ich ja viel eher glaube … An Dir!

"Om nom nom" schwärme ich dabei.

Egal, was wir seit gestern Abend unternommen haben, ich nehme mit dir zusammen die einfachsten Dinge mit ganz anderen Augen wahr!

"If glaub if liebe diff"

Ich stoppe, halte die Luft an und öffne ganz langsam die Augen. Habe ich das gerade laut gesagt? Ich seh dich mit aufgerissenen Augen und Mund.

"Bitte was?" fragst du leicht schockiert nach."Äh ich mein, also… Ich meine natürlich die Falafel!" versuch ich mich herauszureden, da ich vermute, dass du mich sehr wohl verstanden hast.

"BITTE WAAAAS?" wirst du nun noch lauter und schockierter."War natürlich nur ein Spaß, ich meinte natürlich dich, aber, also, ich hab gesagt, ähm, du bist meine Lieblings Falafel Liebhaberin"

"Eine bitte was?" drehst du dich lachend um und schlenderst wieder los.

"Ja die schmecken halt echt verdammt gut" und ich stopf mir den letzten Happen in den Mund.

"Na sag ich doch, ich liebe es hier", kicherst du.

"Na sag ich doch, Lieblings Falafel Liebhaberin" murmel ich und eile dir mit den Achseln zuckend hinterher.

"Hier den kannst du auch noch haben", streckst du mir den zweiten in Alufolie gewickelten Falafel Dürüm entgegen. "Für das, was ich nachher im Bett vorhab, will ich keinen vollen Magen und du hast noch zusätzliche Energie"

Leicht verwirrt schau ich dich an, da bei mir lediglich die Info, dass ich nochmal was zu essen bekomme, angekommen ist. Warum du fürs Schlafen einen leeren Magen brauchst, versteh ich nicht, ich mag es, mit vollem Bauch im Fresskoma zu schlafen. Naja, vielleicht hast du ja noch eine Kissenschlacht mit deinen Freunden Zuhause geplant oder was auch immer.

Offensichtlich erkennst du an meinem Blick und wie ich dein Dürüm verschlinge, dass womöglich aufgrund der Uhrzeit oder des Alkohols deine eigentlich übermittelte Einladung nicht ganz bei mir angekommen ist.

Wie im siebten Himmel stapf ich dir verträumt hinterher und stopfe mir den letzten Happen in den Mund. "Du sag mal, was meintest du vorhin eigentlich mit dem, dass du noch was vorhast?" frag ich einfach gerade raus, ohne wirklich nachzudenken. "Also ich freu mich schon riesig, einfach nur noch ins Schlummerland zu fallen"

"Ähm, also eigentlich hab ich damit uns gemeint! Also als ob ich nach so einer Nacht alleine einschlafen möchte, druckst du verlegen und grinsend vor dich hin. "Bleibst du?"

Ich kann leider nicht sagen, ob es der Alkohol oder das Essen war, das mich derart hypnotisiert hat, dass ich ohne zu zögern und nachzudenken die Einladung mit "klar, voll gerne" angenommen habe. Ich mein, das ist unser erstes Date, da passiert ja schon nichts, wir werden ein wenig kuscheln und dann vollkommen zufrieden im Arm des anderen einschlafen. Auf jeden Fall hast du meine Schwäche bereits erkannt und wohl auch zu nutzen gewusst. Denn es war offensichtlich auch keine ernstgemeinte Frage, da du mir auch gar nicht weiter eine Wahl lässt und mich einfach in deine Wohnung ziehst.

"Mmmmh mh mh mm", ich versuch dich zu bremsen, während du direkt über mich herfällst, bevor die Tür zugefallen ist. Vorsichtig versuche ich dich von meinem Mund zu lösen "Lass mich doch erst meine Schuhe ausziehen, bevor mmmmhh" du lässt mich nicht aussprechen und ziehst meinen Kopf wieder zu dir und küsst mich hemmungslos. In einer akrobatischen Meisterleistung genieße ich mit meinem Kopf in deinen Händen deine Küsse, während ich mich mit einer Hand an dir fest halte, mit der Anderen fuchtel ich zum Ausbalancieren wild in der Luft. Mit einem Fuß in der Luft versuche ich meinen ersten Schuh irgendwie loszuwerden.

Wie auch immer ich es geschafft habe, aber der erste Schuh löst sich von meinem Fuß und fliegt in Richtung der Garderobe und rumpelt dort dagegen. Langsam bewegen wir uns den Gang entlang, während deine Hände nicht mehr nur meinen Kopf zu dir zerren, sondern nun auch meinen Körper erforschen und gleichzeitig zu dir ziehen. Der zweite Schuh fliegt davon und trifft, ups, irgendein Schränkchen. Ich kann es nicht wirklich erkennen, da du mir gerade genug Zeit und Aufmerksamkeit zum Atmen übrig lässt.

Ich weiß nicht wie, aber wir haben es in deinem Zimmer geschafft, vermute ich zumindest. Du lässt wieder von mir ab, schiebst mich außer Atem in einen Raum und hauchst dabei "Gib mir 2 Minuten". Vollkommen verwirrt und überfordert, stehe ich nun in diesem Raum, noch ganz angeheizt von der wilden Knutscherei im Flur, versuche ich jetzt die Situation zu realisieren. Den ganzen verteilten Klamotten nach, warst du dir gestern mit deinem Outfit gar nicht so sicher, wie du gewirkt hast. Ganz egal mit welchem Klamotten, du hättest mich sowieso verzaubert.

"Ach scheiß drauf" höre ich dich von hinten murmeln und ich spüre einen Schubs. Ich fliege nach vorne direkt mit dem Gesicht ins Bett. Bis ich mich dann kichernd auf den Rücken gedreht habe, steigst du gerade kniend über mich und setzt dich auf meinen unteren Bauch. Dein Sommerkleid hast du dafür über die Beine gekrempelt. Vollkommen überwältigt von dir und deiner Ausstrahlung versuche ich einen vollständigen und vor allem sinnvollen Satz zu formulieren. Vergebens: "Auf was scheißen wir?"

>>Aus irgendwelchen Gründen kann ich mich hier leider nicht mehr an die Details erinnern, welche mir aber in der Spicy Edition sehr detailliert wieder eingefallen sind<<

Wir liegen ganz ruhig, Arm in Arm, dein Kopf auf meiner Brust, ein Arm an deinem Rücken, der zweite in deinem Nacken. Keiner sagt etwas, wir haben beide die Augen geschlossen und genießen einfach den Moment, die Präsenz des anderen, unseren Atem, die Nähe, es ist einfach wunderschön. Und wir schlafen ein.